Als ehemaliger Verlassenschaftsrichter, nunmehr als Rechtsanwalt für Erbrecht, bekomme ich derzeit Anrufe von bestehenden Klienten, die sich in der aktuellen Corona-Situation Sorgen um die Regelung ihres Nachlasses für den Fall ihres Ablebens machen.
Angefangen bei vordergründig banalen Fragen, wie “Erben meine Enkel etwas, solange mein Kind noch lebt?” gibt es auch eine Unzahl anderer Themen, die vor der Verfassung eines letzten Willens rechtlich durchüberlegt werden sollten:
- Wie geht man mit der Tochter um, die sich seit Jahrzehnten nicht mehr gemeldet hat?
- Erbt die Lebensgefährtin etwas? Was ist das Pflegevermächtnis?
- Gibt es frühere Geschenke, die sich diejenigen, die nicht als Erben eingesetzt werden, anrechnen lassen müssen?
- Was, wenn derjenige, den ich als Erben will, vor mir stirbt?
- Will ich einen Nachlassverwalter?
- Will ich eine Anfechtungsklausel im Testament, um Erbstreitigkeiten zu vermeiden?
- Will ich dem Erben Auflagen machen oder Bedingungen oder will ich Dritten direkt Vermächtnisse zuwenden?
- Will ich ein Schiedsgericht statt eines staatlichen Gerichts über Streitigkeiten meiner Erben entscheiden lassen?
- etc. etc.
Die gute Nachricht: Wenn Sie sich die obigen Punkte durchüberlegt haben, und Ihre Haltung dazu ins Testament schreiben, können Sie es SCHRIFTLICH entweder fremdhändig (= am Computer oder auf der Schreibmaschine vorbereitet) mit 3 gleichzeitig anwesenden und unterschreibenden Zeugen oder eigenhändig errichten.
Leider sind die Fallstricke für ein fremdhändiges Testament mit Zeugen seit der Erbrechtsnovelle größer geworden (siehe auch den Beitrag Die 10 häufigsten Fehler beim Testament und Testament-Check). Seither müssen die Zeugen schon im Testament genannt werden, DANN erst sollte der Erblasser unterschreiben und DANACH müssen die Zeugen mit dem Zusatz “als Testamentszeugen” und Wohnadresse oder Geburtsdatum LESERLICH unterschreiben. Irgendein kurzes Handzeichen, wie es häufig anzutreffen ist, GENÜGT NICHT!
Besteht die begründete Befürchtung oder tatsächliche Gefahr, dass man bald stirbt, bevor man noch schriftlich seinen letzten Willen erklären kann, dann geht das ausnahmsweise auch vor nur 2 Zeugen, man kann es sich dann auch aussuchen, ob schriftlich oder mündlich.
Eine Testamentserrichtung ganz ohne Beiziehung eines Rechtsanwaltes ist möglichst zu vermeiden. Erfahrungsgemäß wird dabei sehr oft etwas übersehen, im schlimmsten (aber gar nicht so seltenen) Fall, ist das ganze Testament ungültig, zB weil
- der eigenhändige Zusatz fehlt, dass dies der letzte Wille ist, oder
- eigenhändige Nachträge nicht unterfertigt werden (§ 585 ABGB) oder
- mehrere Blatt Papier verwendet werden oder
- einer der Zeugen nicht leserlich unterschreibt oder
- die Zeugen nicht schon im Testament genannt werden
- einer der Zeugen, sein naher Angehöriger oder Chef begünstigt werden soll oder
- beim mündlichen Nottestament später nicht beide Zeugen denselben letzten Willen wiedergeben können
- gar keine Situation vorlag, die ein mündliches Nottestament erlaubte
- etc.
Wichtig ist außerdem, dass ein Testament auch dem Erben zur Verfügung steht. Schon viele Testamente “verschwanden”, weil sie nur “in der Lade” waren. Testamente können beim Rechtsanwalt registriert werden, erst im Fall des Todes des Erblassers werden sie dem Gerichtskommissär zugänglich. Eine Unterschlagung eines so registrierten Testamentes ist unmöglich.
Ein mündliches Nottestament (möglich vor nur 2 Zeugen) ist nur als letzter Ausweg anzuraten!
In der aktuellen Krisen-Situation biete ich für ganz Österreich die Testamentsvorbereitung über Telefon und Email für eigenhändige und fremdhändige Testamente und Vermächtnisse an. Das Erstgespräch ist kostenlos (07242 / 67373). Ein wirksames, den letzten Willen gut umsetzendes und unterschlagungssicheres Testament kann so trotz der aktuellen Verkehrsbeschränkungen sehr schnell errichtet werden. Für Klienten im Raum Wels biete ich derzeit die persönliche Errichtung in deren Wohnung an. Die genauen Modalitäten können wir im Erstgespräch abklären.
Rechtsanwalt für Erbrecht / Ehemaliger Verlassenschaftsrichter
Auszug der Beiträge zum Erbrecht:
Sind fremdhändige Testamente ungültig?
Abstammung ungewiss, OGH lässt Exhumierung des (vermeintlichen) Vaters zu.
Erbrechtsänderungen ab 01. 01. 2017 inkl. ErbReÄndG. 2015