Was ist eine gute Verteidigungsstrategie?
Die, die dem Klienten nutzt und seinen Interessen entspricht. Es gibt keine Pauschalrezepte. Klienten mit genug Geld und guten Nerven haben kein Problem mit langen Prozessen, andere schon. Der eine will “nur dass es beendet ist”, der andere will nur nicht, dass seine Frau oder der Arbeitgeber davon erfährt, der andere will nur nicht ins Gefängnis. Je nachdem muss man also als Strafverteidiger die Möglichkeiten ausloten und dem Klienten ehrlich vorab seine Lage erklären. Dann wird gemeinsam die Strategie festgelegt, an die man sich – notfalls Monate oder Jahre! – halten muss, wobei die möglichen ungünstigen Entwicklungen dabei bereits bedacht sein müssen.
Vereinfacht gesagt ist es meiner Meinung nach so, dass ein Stratege versucht, zuerst den Wald und den Weg hindurch zum Ziel von oben zu erkennen und erst dann die Wanderung beginnt. Auch wenn der Mitwanderer (Klient, Beschuldigter) schon drängt, die Wanderung zu starten. Diesen Fehler machen auch Anwälte. Aber auf diese Weise kann man sich verirren, vor allem wenn man plötzlich den geplanten Weg nicht weitergehen kann und ausweichen muss. Ein Stratege sieht weiterhin den Wald, und nicht nur die Bäume.
Ich werde im August 2019 ein Seminar zum Thema “Strategie bei Rechtsmitteln im Streit- und im Außerstreitverfahren” abhalten (http://www.sbh2103.at/seminarprogramm.html), weil ich als Richter gemerkt habe, dass Anwälte sich oft in Prozessthemen verbeißen, die am Ende nicht kriegsentscheidend sind.
Strafverteidiger